Perlenformen in der Geschichte

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Es ist richtig, das es einige Perlentypen gibt die immer auftauchen, z.B. klein einfarbig blau, , tonnenförmig rot, blau melonig gerippt....

Diese Perlen waren und sind mit wenigen Mitteln herzustellen, aber in der Geschichte ist es mehr als das...

Rote Perlen z.B. treten zum ersten mal mit den Römern nach 10n.Chr. auf. Vorher war rotes Glas eine absolute Seltenheit. Zur Merowingerzeit war rot dann eine viel gebrauchte Farbe für Grundkörper und Verzierungen. In jüngerer Zeit in Skandinavien dann bei den Wikinger zwischen 800-1000 n.Chr. wird rotes Glas in der Regel für Verzierungen genutzt. Ein richtiges kräftiges rot als Grundfarbe eines Perlenkörpers ist dann selten.

Oder die Melonen. Die ersten wenigen Melonenperlen sind im 5. und 4. Jhr. v.Chr. zu finden. Sie treten aber neben den zeitgleichen Schichtaugenperlen sehr stark in den Hintergrund, im Vergleich zu monochromen Perlen sind sie unscheinbar. Erst gegen 10 n.Chr. kommen diese Perlen durch die Römern erst richtig in Mode und sind bis zum Anfang des 4.Jhr. nach Christus sehr zahlreich vertreten. Unter der Herrschaft der Merowinger in Mitteleuropa nimmt die Anzahl dieser Perlen ganz drastisch ab. Bei den Wikinger in Skandinavien zwischen 800 und 1000 n.Chr. ist dieser Perlentyp dann wieder sehr beliebt. Und selbst hier gibt es Phasen, in denen dieser Perlentyp verschieden stark vertreten ist (sprich sich mehr oder weniger häufig in den Gräbern und Siedlungen findet). Es gibt somit eine Phase von mehreren hundert Jahren, in denen diese Perlenform nur sehr selten zu finden ist, bis sie dann wieder äusserst gefragt ist - und selbst dann in ihrer Anzahl (und Beliebtheit?) schwankt. Dazu kann die Melonenperle durch Anzahl der Rippen und zusätzliche Verzierungen näher klassifiziert werden....

...ja, immer diese Römer. Die veränderten die Glasperlenmode drastisch. Mit dem "Aufkommen" der Römer (römischen Kultur) wurden die Kelten (keltische Kultur) verdrängt und damit auch die keltische Glaskunst. Erst gegen 10 n.Chr. werden Glasperlen wieder häufiger und vor allem bunter. Da haben wohl die Römer entdeckt, das man die bunten Kugeln mit Loch hervorragend an die Germanen verkaufen kann. Wenn die Germanen doch nur nicht so oft alles mit ihren Toten verbrannt hätten.... denn dies ist ein weiterer Grund für die Fundarmut in bestimmten Regionen und Zeitstellungen.

Augen als Verzierung, wie Lodin schrieb, gibt es immer wieder in den zahlreichsten Varianten. Ganz bekannt sind ja keltische Schichtaugenperlen (gelber Grundkörper und Schichtaugen in weiss und blau). Diese Perlen sind der Leittyp der keltischen Zeitstellung: zu anderer Zeit gibt es sie nicht. In Deutschland gibt es etwa 170 und in Österreich 100 Augenperlen (Stand 1995).

Einen Abriss zu den verschiedenen Perlen der Kelten gibt es in "bunte Tuche gleißendes Metall - Frühe Kelten in der Hallstattzeit" im Abschnitt "von Schichtaugen und Zickzackzier - Glasperlen in der Hallstattzeit" ISBN: 978-3-932077-31-9 herausgegeben vom Keltenmuseum Heuneburg.

Anmerkung: Schichtaugen sind nicht zu verwechseln mit den Spiralfadenauflagen oder gar den so genannten Strahlenaugen (benannt nach ihrem Muster). Es sind zwar alles Augenverzierungen, aber alle drei haben eine vollkommen andere Technik und für Archäologen und (viele) Darsteller sind diese Perlen somit etwas ganz anderes. Für Perlenliebhaber sind sie aber alle schön ;)

Ok... nicht abschweifen... also noch seltener sind die kleinen Widderköpfchen der Kelten, wohl hergestellt in der Region Novo Mesto - diese Perlen finden sich in keiner anderen Region und dies nur im 5. bis 4.Jhr. v.Chr.

Nun ein zeitlicher und regionaler Sprung zu den Alamannen (Sieldungsgebiet war zwischen Rhein, Main und Lech). Gerne werden die "Bommelperlen" als die typische Glasperlen der Alamennen bezeichnet. An einer eckigen oder tonnenförmigen kleinen Grundperle hängt eine Kugel Glas. Die ältesten Perlen dieser Art werden in die Späte Kaiserzeit um 215. n. Chr. datiert, die jüngste Perle datiert auf 520/230 n.Chr. Ausserhalb des Alamannischen Siedlungsgebietes finden sich diese Perlen z.B. den Elbgermanen oder 5 Exemplare in Dänemark, 3 im Landkreis Cuxhaven auf dem Siedlungsgebiet der Altsachsen etc. . Als ALamannisch werden diese Perlen dennoch bezeichnet, da sie im Siedlungsgebiert das stärkste Aufkommen haben.

Daher (unabhängig und ohne Untersuchung chemischen Zusammensetzung) können Perlentypen als Leittypen einer Zeitstellung identifiziert werden. (Das heisst, wenn es mehrere Perlen dieser Art gibt, dann sind dies die "typischen Vertreter"). Die Archäologie spricht in der Regel vom ersten und letztem Auftreten in Gräbern. Die Laufzeit (solange die Perle verwendet wird) kann bis zu 3 Generationen sein. In einigen Fällen gibt es dann sehr knapp datierbare Formspektren oder auch Einzelstücke.

Vor allem aber Kombinationen von Perlen (also Ketten) werden als Datierungshilfe von Grabfunden herangezogen. Und um so mehr Funde genau untersucht werden, um so genauer werden die Zeitstellungen. (Die Perlenarchäologie ist schwer, weil es so viele Perlen gibt. Eine der neuesten und umfangreichsten Veröffentlichungen ist von Maren Siegmann, Bunte Pracht - Die Glasperlen von Liebenau und Dörverden Bd. I - V)

Ob es nun viele, wenige, große oder kleine Werkstätten waren ist bis heute nicht einwandfrei nachgewiesen.

In Ribe (Dänemark) gibt es eine Perlenwerkstatt zur Zeit der Wikinger, die nur als Feuerstelle erhalten ist (auf so einer Feuerstelle -einem Lehmbecken- arbeite ich bei Vorführungen auch). In Haithabu lassen sich Produktionsreste finden, ein Glasofen der zur Herstellung(!) von Glas gedient haben kann ist nicht mehr erhalten, wurde aber dokumentiert.

Der Produktionsumfang dieser Werkstätten lässt heute (noch) nicht feststellen, aber es wurden ähnliche Perlentypen hergestellt.

Ob dies nun ein Handwerker war, eine Familie über Generationen oder ob jemand "es" gesehen hat und das Handwerk / den Perlentyp dann eigenständig erlernt hat kann man nicht sagen.

Ebenso möglich sind parallele aber von einander unabhängig identische Entwicklungen.

Das man heute viel einfacher Techniken recherchieren kann ist Tatsache - dem WWW sei dank. Dennoch hatte und hat jeder seinen eigenen Stil. Daher, auch wenn die Technik und das Material identisch ist - es kommt irgendwie immer wieder etwas anderes dabei raus. Das war auch früher so und die Archäologen ziehen aus diesen Unterschieden Schlüsse über Produktionszentren, Datierungen...

äh das ist jetzt doch etwas mehr geworden...kurz....es ist immer wieder verblüffend, wie die Mode der vergangenen Jahrtausende war und was unsere Vorfahren schon alles zustande gebracht haben - und was für Schlüsse man daraus ziehen kann. Jede Region, jeder Volksstamm hatte Gewisse Perlenvorlieben, einige Perlen sind Unikate, andere wurden in großen Mengen hergestellt und haben eine überregionale Verbreitung...


Perlen zählen ohne zeitliche oder regionale Einschränkung zu einer in sehr großen Menge auftretenden Fundgruppe und sie sind an keine sozialen Schichten gebunden - aber die Versorgung des Handwerkers und der Interessenten ist doch langwieriger und schwieriger als Heute (nicht einfach „in den Warenkorb und klick“). Daher ist die regionale und zeitliche Hauptfarbe immer wieder eine andere, daher die Frage, was für dich "bis 9.Jhr" ist - und vor allem die zeitliche, räumliche und ethnische Einordung?

Beispiele: Merowingerzeit Deutschland, 450 - 750 n. Chr.: als dominierende Perlengrundfarbe: gelb, rot, orange, gefolgt von weiß. (Koch, 1977)

Wikingerzeit skandinavisches Festland, 700 bis 800 n. Chr.: Hauptfarbe blau. (Andrae, 1975)

Vendelzeit, Gotland, 550-800 n.Chr.: vorherrschend sind rot oder rot-orange Perlen. Blau ist auf dieser Insel vor Schweden zu dieser Zeit eine absolute Seltenheit. (Nerman, 1975)

Wikingerzeit Gotland, ab 950 n.Chr.: identische Perlen skandinavischen Typs auf Gotland und dem Festland (Schweden und Norwegen). (Thunmark-Nylén, 2006)

Finnland, 500-700 n.Chr.: Hier finden sich typische Glasperlen der Merowinger mit z.T. 100 Jahren Verzögerung zum Auftreten auf dem europäisches Festland - anderswo scheinen diese Perlen nicht auf Interesse gestoßen zu sein. (Koch, 1974)


Diese Beispiele zeigen, dass es für keine Zeitstellung also eine allgemein verbindliche Hauptfarbe gibt. Erst in der Kombination mit einem Volksstamm bzw. einer Region lassen sich bestimmte Prioritäten ermitteln.

Ansonsten findet sich noch viel mehr zu den Glasperlen der Ur- und Frühgeschichte unter www.derglasperlenmacher.de